13. IPDIP
Schaffen Sie das, in 10 Minuten zu erklären, was die da auf der 3A, 3C und 3D verkehrt machen? Bei psychotischen Patienten meine ich.“
„Schizophrenen?“
„Ja.“
Die Patienten, die da im Moment alles auf den Kopf stellen, die haben doch eine, wie sagen Sie, Psychose?
„N´klar.“
Die Aufforderung zum Tanz nimmt Krupinski sofort an.
„Schizophrenie, gut 60 Prozent im Moment auf den Akutstationen, affektive Psychosen, etwa 20 bis 30 Prozent, Hirnorganiker, Persönlichkeitsgestörte und sonst wie Abgedrehte der Rest.“
„Machen Sie es nicht so spannend!“
(Prompt fängt Krupinski an zu husten und zu zucken)
Krupinksi versucht es im Roboter-Stil. Einfach runter erzählen.
Kann dabei Zucken und Aufstoßen weiterhin nicht unterbinden. Wirkt daher her eher wie ein Roboter mit „Betriebsstörung“.
„Intrapsychisch desintegrative Psychose, „schizophrene“ Psychose gängige Terminologie.
Altgriechisch: schizo phren = ich spalte den Geist.
Abspaltung zweiter irrealer Erlebnisebene.
Daneben reale, normalpsychologisch generierte Bewusstseinsebene.“ (Zucken, „hmpf“ sagen.)
„Fühlen, Hören, Sehen, Denken und Entscheiden in irrealer Parallelwelt und realer Welt. Zwei nebeneinander ablaufende Programme.“ (Aufstossen, Laute wie „umpf – umpf“ ausstoßend.)
„Wird die Irreale Welt, die mit den Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Ich-Erlebnisstörungen, Gedankeneingebung und so, in der Erlebnisintensität stärker als die reale Welt, dann dominiert die psychotische Erlebnisebene den Patienten. Kommt zum völligen Realitätsverlust.“ (Krächzlaute, Schnaufen, jetzt so Zuckungen zur Seite …)
„Akustische Halluzinationen häufig Stimmenhören.
Halluzinationen und Ich-Erlebnisstörungen mit sich ausweitenden Wahnsystemen. Bei Schizophrenie immer auch Beziehungs-, Beobachtungs- und Verfolgungswahn.“
(Kurze Unterbrechung für die eine oder andere unphonematische Lautentäußerung)
„Was die ihn ihrem Wahn glauben, kommt von den Stimmen, die die Hören, oder den Gedanken, die denen eingegeben werden und so was.“ („Äphämm“, „huff, huff“ – jetzt nicht Bestandteil des Vortrages.)
„Durchsetzung realer Bezugsebene mit psychotischerParallelwelt. Für die laufen zwei Filme ab. Ein richtiger und ein psychotischer.“ (Kurze Lautentäußerung)
„So´n Patient versucht ein an die Realität angepasstes Vorgehen und Verhalten. Also den richtigen Film zu nehmen. („Hmpf, hmpf“ -„Hkachah“ – hämff“ – also das ist jetzt nicht der richtige Film.)
„Versucht das zumindest. Verfällt dabei aber immer wieder oder eben sogar die ganze Zeit in psychotische Reaktionsmuster. Spricht plötzlich mit vermeintlichen Stimmen, versteckt sich, weil er verfolgt und beobachtet wird und so was.“
Krupinski überlegt ´nen Moment. Überbrückt die Pause mit „hmhumpf, mffh, mffh“ und Ähnlichem.
„Häufige Störung: Ambitendenz. Will mit einer Person normal reden. Kann dann aber nicht, weil vielleicht jetzt gerade Stimmen ihm sagen, die Person wäre gefährlich. Die beiden Programme, das richtige und das irreale Programm, heben sich gegenseitig auf.
Abbruch in der Handlung. Handlungsblockade.
Typisch für so´n akut psychotischen Zustand.
Im Extrem Autismus. So ein Patient steht nur noch unter Einfluss der abgespaltenen psychotischen Erlebnisebene. Reagiert überhaupt nicht mehr auf „normale Einwirkungen.“ (Was ist denn los? Keine Zucken, Schnaufen, kein „Hmpf“ machen mehr?)
„Psychiatrisches, „ähempf, ähempf, ähempf“, Grundlagenwissen!“ (Na bitte, geht doch wieder.)
„Akute psychotische Erkrankungszustände, so eine Aufspaltung in unterschiedliche Erlebnisebenen mit neuartig erzeugten virtuellen Vorstellungen, Wahrnehmungen und persönlichen Erlebnisveränderungen, so was wird auch produktive Symptome genannt, können mit sehr hoher Wirksamkeit durch antispychotisch wirksame Psychopharmaka, also hochpotente Neuroleptika, behandelt werden.“
(Etwas Zucken. Offenbar reißt der Psychiater sich jetzt mehr zusammen.)
„Durch ´ne richtig gemachte Pharmabehandlung kann die Abspaltung einer zweiten irrealen Erlebnisebene ganz zurückgebildet werden.“ („Umpf.“)
„Was aber noch viel wichtiger ist. Ist das die richtige Behandlungsstrategie, dann kann die Prozessdynamik von so ´ner Schizophrenie ganz oder wenigstens zum größten Teil unterdrückt werden.“(Kein Zucken, kein Aufstoßen.)
„Vielleicht nicht so einfach zu verstehen. Also, wird die Prozessdynamik flach gelegt, werden nicht bloß die Hallus, Paras und so platt gemacht, also die Entzündungs-Symptome, um das mal mit ´ner Lungenentzündung zu vergleichen“. (Räuspern, Hüsteln,)
„Es wird auch, und das ist für die Prognose von so´m Patienten das ganz Entscheidende, hmpf, hmpf, der intrapsychische Grunderkrankungsprozess, der cerebrale Entzündungsherd, wenn Sie so wollen, teilweise oder ganz zurückgebildet. Oder zumindest so unterdrückt, dass der nicht mehr weitermachen kann.“ (Nein, nichts diesmal.)
„So´n Patient bildet dann keine zweite Erlebnisebene mehr aus, kriegt keine Reexazerbationen mehr, wird nicht mehr akut psychotisch, weil die Prozessdynamik durch Behandlung unterdrückt wird.“
„Bloss, äphämm, dazu muss der Patient dauerhaft sehr wirksam behandelt werden, Hmpff, hmpff.“
„Also selbst, wenn´s ihm scheinbar gut geht, der keine Stimmen mehr hört, sich nicht mehr abgehört sieht und so. Sie müssen mit Neuroleptika weiter drauf halten und zwar richtig drauf halten.
Sonst zündet der intracerebale Prozess, also der cerebrale Entzündungsherd, irgendwann die nächste Reexazerbation. Und außerdem würde der immer weiter die Persönlichkeit des Patienten verformen.“ („Hmpfäffen, Hmpfäffen.“)
Das passiert nicht, wenn die Prozessdynamik durch richtige Dosisäquivalente in Schach gehalten wird.“ (Leichte Zuckungen.)
„Klartext: Ihrem Schizophrenen geht´s gut. Trotzdem kriegt der hochpotenten Neuroleptika, als ging´s dem nicht gut. Anders ist so eine Prozessdynamik nicht klein zu kriegen.“ (Unterbrechung durch jetzt sehr lebhaftes Aufstoßen, Zucken, einmal auch richtiges Rülpsen.)
„Anders, Sie kriegen im Verlauf raus, dass die Prozessdynamik, aus welchen Gründen auch immer, nur sehr flach verläuft oder mal spontan ganz zum Erliegen gekommen ist. Gibt´s auch. Vor allem, wenn so´ne Psychose älter als 20 Jahre alt ist und der Patient bis dahin wirksam behandelt worden ist. Dann scheint der Spuk schon mal von sich aus zum Erliegen zu kommen.“ (Einige unverständliche Laute.)
„Sollte man sich aber nie drauf verlassen. Kann 5 bis 8 Jahre gut gehen. Und plötzlich doch wieder´n Ausbruch.“
„Seid Ihr Meisenärzte etwa Vulkanologen?“
„Bei so ´ner Schizophrenie in gewisser Hinsicht, mpff, mpff, ja.“
„Bloß, dass wir auf die Aktivität von so´m Vulkan Einfluss nehmen können. Mit den Neuroleptika eben.“
„Allerdings nur den Richtigen!“….