Der polnische Kommissar

6. Die Zeugin

… der Name Liebholdt braucht nur zu fallen und jeder Beteiligte bricht in mehr oder weniger hochgradige Stressreaktionen aus.
Inerte, die stressresistent wären, haben auf dem Meisenberg die Probezeit nicht überstanden.
Wann die Probezeit endet, entscheidet, niemand anderes als die Liebholdt selbst.
In diesem Klima der Angst und Unterdrückung gedeiht prächtig, was die eigentlichen Funktionsträger im Hintergrund brauchen. Sie können tun und lassen, was sie wollen. Von niemandem droht ihnen wirklich Gefahr. Jeder ist mehr als über alle Ohren nur damit beschäftig, sich selbst zu retten, irgendwie über die Runden zu kommen, mit möglichst heiler Haut davon zu kommen.
Da bleiben keine Ressourcen, sich auch nur Ansätzen um die vielen Missstände, Grausamkeiten und Misshandlungen zu kümmern.
Gesunder Selbsterhaltungswille schafft sehr bald eine extrem hohe Wahrnehmungsschwelle für solcherlei Dinge, welche ebenso sehr bald zur Normalität geraten. Gar nicht mehr als das wahrgenommen werden, als das, was sie sind, nämlich unmenschlich, verbrecherisch, kriminell.
Das ist schon immer auf dem Meisenberg so gewesen und wird so lange bleiben, wie es Zeitgenossen wie die Liebholdt gibt.
Nur, jetzt sitzt sie im Gefängnis.
Holt die Liebholdt irgendwann die Wirklichkeit dann doch ein?
„Nun, zumindest in schlecht geschriebenen Kriminalromanen – soll das schon mal so sein“, (höfliches Gelächter aller Angehörigen des SK 13)

Das System Liebholdt hat sich allerdings auch in einer gewissen Hinsicht für den Meisenberg als schlecht erwiesen.
Dass sich auf dem Meisenberg „nur Schwachmaten, Einhoder, Kapaune, umschriebene Intelligenzdefekte, Grenzdebile, Persönlichkeitsgestörte, Retardierte, Anpassungsgestörte, durch schwerste sexuelle Sublimationsphänomene affizierte Zeitgenossen“, (Original-Zitat: Dr. Manfred Krupinski), als psychiatrische Funktionsträger finden, geht unmittelbar auf den Negativauslese-Prozess dieser Vorzimmerdame zurück.