Der polnische Kommissar

2. Die Leiche

… ohne zu fragen, wendet Lydia sich den Leichenteilen zu. Mit Hingabe!
Bewegt, ganz behutsam, die Arme in den Ellenbogen. Kommentiert die eingetretene Leichenstarre.
Sieht nach den Leichenflecken. Drückt vorsichtig drauf herum.
Betastet die riesen Koagel an den Einstichen.
Am Schädel wird das Einschussloch – ganz genau – angesehen.
Was sagte die Kleine da? Geübter Schütze?
Das Einschussloch scheint die junge Frau zu faszinieren.
Was hat sagt sie jetzt? Visitenkarte?
Nochmal verschafft die junge Frau in dem Zwergen-Cape sich einen Eindruck von der Leichenstarre.
Murmelt: „Samstagnachmittag, höchstens samstagabends.“
Sieht nach den Händen, nach den Fingern. Sieht ganz genau die Nägel an.
Murmelt, was sich wie „keine Kampfspuren“, „merkwürdig“ anhört.
(Dort hat der KHK nichts zu finden erwartet. Ist auch nichts zu finden. Konzediert, er hätte dennoch nachsehen sollen.)
Lydia sucht dann den Kopf noch mal ab. Unklar für Ryblan, wonach.
Ryblan wird das dumme Gefühl nicht los, dass die Kleine längst zu Erkenntnissen gelangt ist. Von denen er jetzt nicht zugeben darf, dass er selbst noch nicht drauf gekommen ist.
Und in der Tat. Am Türrahmen geht Lydia aus unerfindlichen Gründen in die Hocke. Den braunen Flecken oben über dem Türrahmen hat sie natürlich längst gesehen. Lydia scheint was aufzuheben, wieder wegzulegen. Aufzuheben, ganz vorsichtig-behutsam wieder zurückzulegen. Dann hält sie ihrem Chef einen braunen Splitter unter die Nase.
„Chef, schauen Sie mal, was ist das?“
Ryblan sieht hin. Muss zugeben, dass er diesen Splitter nicht gesehen hat. Offener gesagt, völlig übersehen hat.